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Kunsthaus Graz: Connected. Peter Kogler with …

20190711 154726Graz - Auf zwei Stockwerken widmet sich die Ausstellung Connected. Peter Kogler with … dem Denken in einer vernetzten Welt von Bildern und Codierungen. Eine Matrix aus Arbeiten des Medienkünstlers Peter Kogler der vergangenen 30 Jahre formt im unteren Geschoss die Struktur und greift eine Geschichte künstlerischer Avantgarde-Netzwerke auf, die 1924 in Wien bei Friedrich Kieslers „Internationaler Theaterausstellung“ beginnt. Zentral ist die Bedeutung der Wirkkraft von Formen und Rhythmen im organisch-technologisch geprägten Raum. Sie lassen sich bei Fernand Léger und George Antheil ebenso ablesen wie an den Möbel- und Wohnbauentwürfen von Charlotte Perriand und besonders an Bühnen- und Ausstellungskonzepten von Friedrich Kiesler, die im Kunsthaus ihren idealen Entfaltungsraum bekommen. Sie finden sich auch in den Kommunikationserfindungen von Otto Neurath und Hedy Lamarr sowie in den sich parallel zur Technik entwickelnden Bildfindungen von Kogler. 

Peter Kogler und sein Netzwerk
Der Name Peter Kogler ist seit Jahrzehnten weit über Graz hinaus international bekannt. Spätestens seit 2003 und der großen Wandarbeit in der Grazer Bahnhofshalle, die nicht nur über die Jahre bestehen blieb, sondern sogar um eine weitere im Bahnhofsneubau und der zweiten Unterführung ergänzt wurde, kennt auch ein breites Publikum vor Ort seine Arbeiten. Graz bedeutet in Koglers Schaffen aber noch viel mehr. So ist hier seine Produzentengalerie Artelier Contemporary beheimatet, mit der Kogler viele Druckerzeugnisse wie auch seine ersten digitalen Projekte realisierte. In der Sammlung der Neuen Galerie Graz sind dementsprechend einige seiner Werke vertreten und auch im Österreichischen Skulpturenpark steht eine riesenhafte Bank als endlos sich windende Rasterstruktur um einen Baum am Lotosteich. Kogler ist einer der wichtigsten und ersten Medienkünstler Österreichs mit einer Affinität zum Technoiden und so gibt es direkte inhaltliche Schnittmengen seiner Arbeit mit dem Kunsthaus und dessen technoutopischer Architektur. In Korrespondenz zur Collage-Praxis des Medienkünstlers formt sich im Kunsthaus ein mehrdimensionales Bezugssystem. Als räumliche Montage werden im unteren Geschoss bedeutende Leihgaben und Neuinterpretationen der Avantgarde in einer Struktur von Koglers großflächigen Wandarbeiten im biomorph-technologischen Raum zusammengebracht. In enger Zusammenarbeit mit Peter Kogler entstand für die Ausstellung eine offene Matrix, die sich als eigene Wand- und Trägerstruktur in die „Living Architecture“ von Peter Cook und Colin Fournier und deren Geschichte hineinwebt. Kogler schiebt für den unteren Ausstellungsraum (Space02) eine rechtwinklig organisierte Struktur ein, die sich als Geste der Moderne im organisch-technischen Raum manifestiert und einen Rahmen für Werke der Avantgarde und eine der Zeit und ihrer Technik adäquate Neuinterpretation durch den Klangkünstler Winfried Ritsch schafft. Das geometrische Raster, bestehend aus mechanisch bewegten und fixen Vorhängen, über 80 übereinander gereihten collagierten Bildern, Tapetenwänden, einem LED-Monitorraum und hängenden Stoffbahnen, formiert sich zu flexiblen Wänden, deren visuelle Muster aus verschiedenen Phasen des bald vier Jahrzehnte währenden Schaffens von Kogler den Raum strukturieren und gleichzeitig visuell zum Fließen bringen.

Das hypnotische Ballet mécanique
Im Zentrum der Präsentation im Space02 steht die Reflexion des wegweisenden und revolutionären Ballet mécanique. Das bis heute nachhallende Werk, das als erste surrealistisch-dadaistisch geplante Verbindung zwischen Filmmontage und mechanisierter Musik zwischen den Künstlern Fernand Léger als Bildkompositeur, Dudley Murphy als Kameramann und George Antheil als Komponist Anfang der 1920er-Jahre geplant war, wollte in den Worten von Antheil „dem (heutigen) Zeitalter sowohl die Schönheit wie auch die Gefahr seiner unbewussten mechanischen Philosophie und Ästhetik klarmachen.“ Der Effekt des Stückes ist hypnotisch: schnellste, mechanisch präzise Rhythmen wechseln sich mit Attacken auf die Tasten des Instrumentes und furchterregender Stille ab. Winfried Ritsch, der seit vielen Jahren als experimenteller Klangkünstler und Automateninstrumentenbauer installative Arbeiten für den öffentlichen und den Museumsraum macht, zeigt in seiner ausschließlich maschinell gespielten Neuinterpretation der Partitur wie exemplarisch sein Vorgehen für eine Verankerung des Stückes vor Ort und in der Architektur des Hauses selbst ist. Für die Umsetzung der Neuinterpretation unterstützen Winfried Ritsch das Atelier Algorythmics und Studierende der Kunstuniversität Graz.

Eintauchen in Architektur, Struktur, Bild und Sound
Im oberen Geschoss (Space01) setzt sich das vernetzte Denken in der Gestalt eines immersiven Illusionsraumes fort: Ein dynamisches Liniengeflecht Peter Koglers versetzt dort mit rauschhaftem Sound von Franz Pomassl die bestehende Gitterstruktur der Architektur in hypnotische und spürbare Bewegung. Entlang von Parallelen in Koglers analytischem Medienschaffen und wegweisenden Ereignissen und Bildfindungen der Avantgarde – wie dem prägenden Film Ballet mécanique von Fernand Léger und Dudley Murphy – entsteht ein verzweigtes Netz von künstlerischen Experimenten in der Auseinandersetzung mit dem reproduzierbaren Bild. Das dadaistische Ballet mécanique, das in Wien bei Friedrich Kiesler auf dessen berühmter Raumbühne 1924 uraufgeführt wurde, führt über zu Kieslers correalistischen Bühnenideen und Légers Ziel einer Synthese der Künste zugunsten einer neuen Gesellschaft, das er mit Kunstschaffenden wie Charlotte Perriand teilt. Entlang einer grundsätzlichen Beschäftigung mit neuen Techniken und technologischen Entwicklungen formt Connected Mediengeschichte nach, die in Österreich tief verwurzelt ist. Die Ausstellung ist damit zugleich im Sinne einer Abwicklung von Mustern, Strukturen und Bildmontagen im Raum als künstlerisches Projekt wie auch als Einbettung von Koglers Schaffen in eine allgemeine Kunstund Mediengeschichte zu lesen, in der dem Menschen eine zentrale Rolle zukommt. Eine Ausstellung als Netz, als Abbild des Denkprozesses, als Spiegel einer alltäglichen algorithmischen Suche nach Markern im Internet – oder eben als Gehirnstruktur aus Synapsen, Neuronensträngen und Botenstoffen: Connected. Peter Kogler with … lässt sich als Geflecht erleben, in dem das bewegte Publikum zum wesentlichen Teil der fließenden Struktur wird. Als Bezugssystem legt es sich in den dreidimensionalen Kunstraum der Maschinenarchitektur des Kunsthauses, formt sich über historische, konzeptuelle, inhaltliche und gestalterische Kriterien und legt dabei im Sinne von Deleuze und Guattari den Fokus auf ein maschinisches Denken der Beziehungen.

Foto und Text: Petra Wagner

Kunsthaus Graz
Lendkai 1
8020 Graz

Tel. +43-316/8017-9200
www.kunsthausgraz.at

Dauer: 28.06.–20.10.2019

Foto: Petra Wagner | Text-Fabrik

 

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