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Maria zu den sieben Linden, Raiten

1PilgerzugRaitenKLEntlang Ufer der Tiroler Achen verliefen einst die Handelswege nach Italien und Österreich, die beiderseits des Flusses von Burgen und Wachten geschützt wurden. Auf solch eine Burg lässt sich die kleine, auf einem bewaldeten Steilhügel über dem Dorf Raiten liegende Wallfahrtskapelle „Maria zu den sieben Linden" zurückführen. Im 12. Jahrhundert wurde sie als Burgkapelle der adligen Herren Raitene erbaut; noch immer zeugen einzelne Bauteile von diesem Ursprung. Später kamen romanische und gotische Stilelemente hinzu. Hinter dem frühbarocken, aus 1662 stammenden Hochaltar, der die kunstvolle Schnitzfigur der gekrönten Muttergottes mit dem Jesuskind auf einem Thron sitzend zeigt, verbergen sich spätgotische Wandmalereien aus 1440, wie sie sich auch in der nahen Streichenkapelle finden. Nach dem Niedergang der Burg im 13. Jahrhundert wurde aus der Burgkapelle eine Kirche mit „Sepulturrecht", dem Bestattungsrecht. Der kleine beschauliche Bergfriedhof mit seinen stilvollen schmiedeeisernen Grabkreuzen, der sich rund um die Kirche zieht, ist auch heute noch ein bezauberndes Kleinod, das allein schon den Besuch von Raiten lohnenswert macht.
Mit Beginn des 15. Jahrhunderts verstärkte sich die Wallfahrt zur Kirche. Ob dies aus der allgemeinen Beliebtheit der Marienverehrung resultierte, ist nicht genau bekannt. Allerdings weiß man von einem seltsamen Kult um eine uralte Holzfigur, die einst von der Tiroler Achen angeschwemmt und auf dem Dachboden der Kirche aufbewahrt wurde. Vor allem Frauen sollen die als „St. Gewer" oder „Gwera" bezeichnete Figur verehrt und mit Opfergaben wie Hemden bekleidet haben – unter dem Namen versteht man so viel wie die „Gewährerin" aller Bitten. Anderenorts wird als St. Gwer die Gestalt der Heiligen Kümmernis verstanden, deren Bild sich ebenfalls in der Kirche befand. Einem strenggläubigen kurfürstlichen Pfleger kam dieses Gebaren allerdings mehr als merkwürdig vor, weshalb er 1626 beim kurfürstlichen geistigen Rat in München und beim Bischof von Chiemsee Anzeige erstattet. So musste das Kultbild auf Befehl zur Untersuchung in das Stift Herrenchiemsee, wo es auf nimmer Wiedersehen verschwand. Stattdessen verlagerte sich nun die Verehrung auf die im Hochaltar stehende Marienstatue – seit 1676 werden in der Wallfahrtskirche alle Marienfeste feierlich begangen. Noch heute findet alljährlich eine Krieger-Dankwallfahrt der Chiemgauer Trachtenvereine zu Christi Himmelfahrt statt.

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